So gelingt der Einstieg in die Yogawelt
Zuerst einmal die gute Nachricht: anders als allgemein angenommen, musst du weder flexibel noch stark oder sportlich sein. Leider sind Darstellungen von Yogis meist nur junge Mädchen die dem perfekten Gesellschaftsbild von graziler Sportlichkeit entsprechen, aber das hat nichts mit der Anwendbarkeit von Yoga für ältere oder unsportliche Menschen zu tun. Im Gegenteil, Yoga kann ein toller Einstieg für Menschen sein, die sich schon länger sportlich betätigen wollen, aber nicht gleich einen Marathon laufen wollen.
Was ist Yoga?
Yoga ist eine sanfte Methode, um beweglich zu bleiben, Schmerzen zu lindern und Ruhe zu finden. Damit ist es so erfolgreich, dass auch Krankenkassen und Sportärzte eine klare Empfehlung aussprechen [1, 2]. Es gibt keine Wettbewerbe und jede Bewegung kann so angepasst werden, dass sie zu deinem Körper passt. Die wahre Herausforderung im Yoga besteht nicht darin, sich möglich schnell das Bein um den Hals zu knoten, sondern sich von den ewigen Vergleichen mit anderen zu befreien und sich einen Moment zu nehmen, in dem du dich ganz auf dich und deinen Körper konzentrierst. So findest du Ruhe und wirst überrascht sein, wie schnell sich deine Beweglichkeit und Kraft verändern.
Historisch betrachtet ist Yoga die Vorbereitung auf Meditation, der Begriff steht für Einheit und Harmonie, was sich auf die Vereinigung von Kopf und Körper bezieht [3]. Indische Mönche bereiten sich mit Yoga seit über 1500 Jahren auf Gebet und Meditation vor, wobei sie in tiefer Versunkenheit das Göttliche in ihrem Inneren suchen. Yoga hilft ihnen, ihre Gedanken zu bändigen und den unruhigen Körper in Balance zu bringen [4].
Was brauche ich?
Hier kommt noch eine gute Nachricht: du brauchst weder grosse zeitliche noch finanzielle Investitionen zu tätigen. Es wird auf Fotos und in der Werbung gerne suggeriert, dass man nur Yoga machen kann, wenn man die teure Matte, diverse Gadgets und natürlich die perfekte Kleidung zur Hand hat. Tatsächlich haben Yogis noch vor 10 Jahren in bequemer Alltagskleidung geübt und viele Lehrer der alten Schule benutzen weder Matte noch andere Hilfsmittel. Gerade als Beginner brauchst du wirklich nur dehnbare, bequeme Kleidung. Wenn du in ein Studio gehst, wirst du dort eine Matte bekommen. Zuhause kannst du auch auf dem Boden üben oder eine alte Isomatte abstauben. Das wichtigste: lass deine Füsse atmen, denn Yoga macht man immer barfuss.
Studio oder Video?
Am Anfang kann es sich lohnen, einen Einsteiger-Workshop zu besuchen. Viele Studios bieten diese als Nachmittagsaktivität an, wobei dir ein erfahrener Lehrer die Grundlagen beibringt. Der Vorteil dabei ist, dass man sich hier Zeit für Erklärungen nimmt und du den Lehrer auf deine speziellen Probleme ansprechen kannst, z.B. wenn du Verletzungen oder Krankheiten hast.
Du solltest im Yoga niemals Schmerzen spüren, aber anfangs weiss man oft nicht, wie man die Posen so verändern kann, dass man trotz eingeschränkter Beweglichkeit mit Genuss durch die Stunde kommt. Daher ist es empfehlenswert, Hilfe von einem erfahrenen Lehrer einzuholen. Du wirst in jedem Studio Stunden finden, die speziell für Anfänger angeboten werden. Hier nehmen sich die Lehrer etwas mehr Zeit und geben viele hilfreiche Hinweise.
Der andere Weg ist das unendliche YouTube-Universum, reichlich angefüllt mit Yoga-Videos in allen Sprachen und Macharten. Hier den richtigen Lehrer zu finden kann erstmal eine Herausforderung sein. Viele YouTube-Yogis sind schnell und geben nicht die Hinweise, die ein Anfänger braucht um sich wohl zu fühlen. Wenn du aber erstmal diesen kostenfreien Weg wählen möchtest, habe ich zwei wichtige Hinweise:
1. Such dir kurze Sequenzen aus. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Yoga nur etwas bringt, wenn man es mindestens eine Stunde macht. Im Gegenteil, deine Hand- und Kniegelenke finden diese neue Aktivität am Anfang vielleicht etwas herausfordernd und müssen sich erstmal an die neue Belastung gewöhnen. Kurze Videos von 15 oder 20 Minuten reichen bereits aus, damit man erste Erfolge zu sehen kann [5]. Achte aber darauf, dass du die Dehnungen nicht zu intensiv ausführst, da du bei kurzen Sequenzen nicht richtig aufgewärmt bist.
2. Such gezielt nach Video-Reihen für Anfängerposen. Viele YouTube-Yogis haben spezielle Video-Listen für Anfänger, in denen sie die Posen in wenigen Minuten erklären. Dabei kannst du auch herausfinden, welche Variation einer Pose für deinen Körper am besten geeignet ist [6].
Gibt es nennenswerte Unterschiede zwischen Lehrern und Stilen?
Ja! Bei YouTube klickt man sich ja gerne mal durch ein paar Videos, bis Stimme und Auftreten einer Person zusagen. Auch im Studio sollte man sich verschiedene Lehrer anschauen bevor man das Handtuch wirft. Das Training und die Philosophie von Yogalehrern können sehr unterschiedlich sein. Wenn du bestimmte körperliche Anforderungen hast, z.B. weil du sehr sportlich oder durch Krankheiten stark eingeschränkt bist, frag im Studio nach Leuten mit der richtigen Erfahrung in diesem Bereich. Viele Studios bieten auch Einsteiger-Preise an, z.B. eine Flatrate für eine Woche oder ein besonders niedriger Preis für die ersten x Besuche. So kannst du ein paar Lektionen und Lehrer probieren bevor du dich festlegst.
Je nachdem was du im Yoga suchst, kannst du auch direkt nach einem Lehrer einer bestimmten Stilrichtung Ausschau halten. Die bekanntesten Stile habe ich bereits in diesem Blog-Beitrag zusammengefasst. Besonders Anfänger-freundlich sind die Stilrichtungen Hatha und Yin. Bei beiden werden die Posen relativ lang gehalten und geben dir dadurch Zeit, deine Hände und Füsse an den richtigen Ort zu bringen. Beim Hatha baust du langsam Kraft und Flexibilität auf, bei Yin geht es besonders um Flexibilität und innere Ruhe. In beiden Stilrichtungen wird der richtige Atem angeleitet, wodurch man tiefer in die Posen kommt und sich anschliessend erfrischt und ruhig fühlt. Für Senioren gibt es ausserdem spezielles Senioren-Yoga, wobei oft auf Hilfsmittel wie Stühle und Polster zurückgegriffen wird und die Lehrer besonders sanfte Sequenzen anbieten [7].
Quellen und Verweise
[1] Empfehlung der deutschen Techniker Krankenkasse zu Hatha Yoga
[2] Gesellschaft für orthopädisch-traumatologische Sportmedizin: Yoga aus sportmedizinischer Sicht
[3] Kalashatra Govinda: Yoga-Sutra: Patanjali, Gotamo Publishing, 2012
[4] Swami Svaratmarama: Hatha Yoga Pradipika, Phänomen-Verlag, 2011
[5] Kurze Videos für Yoga-Einsteiger:
YouTube: Sonnengruss mit Mady Morrison
YouTube: Sanfter Anfänger-Flow mit Mady Morrison
YouTube: Flow für Yoga-Einsteiger mit Lena Pilar Yoga
YouTube: Yoga-Fitness Flow für Einsteiger
YouTube: Anfänger-freundliche Flows verschiedener Länge mit Adriene (auf Englisch)
[6] Video-Reihen mit Erklärungen zu einzelnen Posen:
YouTube: Asana-Fibel von Mady Morrison
YouTube: 30 Tage & 30 Posen mit Allie van Fossen (auf Englisch)
[7] Eine Erklärung zu den Besonderheiten des Senioren-Yoga auf Asana Yoga