Welches Yoga passt zu mir?
Yoga gibt es für jeden Geschmack: vom sportlichen Ashtanga zum ruhigen Yin-Yoga. Was für dich richtig ist, hängt von deiner Motivation ab: warum möchtest du Yoga machen, welches Ziel steht dabei für dich im Vordergrund? Siehst du Yoga eher als Sport, als Möglichkeit zur geistigen Auszeit oder spirituellen Erfahrung? Hast du schonmal Yoga gemacht oder bist völlig neu und suchst nach Orientierung?
In dieser Übersicht findest du kurze Erklärungen zu allen Stilen und ergänzende Kommentare mit Empfehlungen für Anfänger und Fortgeschrittene, damit du das richtige Programm für dich finden kannst. Denk daran, dass die Chemie zwischen dir und dem Yoga-Lehrer sehr unterschiedlich sein kann. Wenn dir eine Stunde nicht gefällt, probiere erstmal einen anderen Lehrer aus bevor du ganz das Handtuch wirfst.
Ziel: Fitness und Kraft
Bei diesen Stilen bringt man besser ein saugfähiges Handtuch mit, denn es wird ordentlich geschwitzt. Hier wird die korrekte Haltung in den Posen oft der Intensität geopfert, d.h. aufgrund der Geschwindigkeit und dem hohen körperlichen Anspruch wird wenig auf korrekte Körperstellung geachtet, stattdessen gibt es ein schnelles Programm mit viel Abwechslung. Das ist für erfahrene Yogis kein Problem, aber für Anfänger nicht ideal, denn für sie kommt es hier auch schnell zu Verletzungen und Überdehnung. Wer seine Form vor dem Besuch dieser intensiven Sequenzen optimiert, z.B. mit Hatha-Kursen, der kann sehr viel mehr aus den Klassen herausholen.
Power Yoga
Dieser schnelle, intensive Stil bringt jeden Sportler ins Schwitzen. Er wurde in den 80ern von Bryan Kest und Beryl Bender Birch erfunden und ist seitdem schnell populär geworden. Die schnellen Abläufe basieren auf Ashtanga, haben aber keine festgelegte Reihenfolge. Stattdessen werden neben traditionellen Posen auch Übungen aus dem Fitness-Studio aufgenommen. Aufgrund der Geschwindigkeit eher nicht für Anfänger geeignet (Verletzungsgefahr!).
Bikram/ Hot Yoga
Eine intensive, festgelegte Sequenz von Posen bei stark erhöhter Raumtemperatur (bis zu 40°C). Wird von jungen Frauen mit Wunsch zum Abnehmen bevorzugt und ist aufgrund der Temperatur nicht für jeden geeignet. Wer nicht jung oder super fit ist, sollte zur Sicherheit vorher seinen Arzt fragen. Temperatur und Abfolge bringen den Körper in Fahrt, weshalb viele Yogis von einer Rausch-artigen Erfahrung erzählen, sie fühlen sich danach oft belebt und voller Energie.
Eine kürzlich erschienene Dokumentation über den Gründer Bikram Choudhury prägte den Begriff stark negativ, weshalb Studios weltweit den neuen Begriff Hot Yoga verwenden und die traditionell festgelegte Reihenfolge des Bikram gegen eine modernisierte flexiblere Form eintauschen.
Ashtanga
Schnelle Abläufe und intensive, sich wiederholende Sequenzen. Durch das hohe Tempo kann der Einstieg schwierig sein, allerdings ist die Abfolge der Posen festgelegt, weshalb man schon nach kurzer Zeit gut folgen kann.
Anders als Power und Hot Yoga gehört Ashtanga zu den indischen Stilrichtungen mit einer reichhaltigen Geschichte und Tradition. Daher gibt es für Ashtanga-Klassen Einführungskurse und Workshops, in denen die Philosophie dahinter zusammen mit der Abfolge erklärt wird. Der Stil hebt sich dadurch vom normalen Fitness-Programm ab und erlaubt seinen Yogis, wesentlich mehr als nur Muskelaufbau mit nach Hause zu nehmen. Wer Intensität und spirituelle Inspiration sucht, ist hier richtig aufgehoben.
Ziel: Dehnung und Kraft
Die folgenden Stile kann man in fast allen Yoga-Studios antreffen. Hier mischen sich moderne und traditionelle Elemente je nach Lehrer. Meist bestehen die Klassen aus einer Mischung von Balance, kraftvollen Posen, intensiver Dehnung am Schluss und meditativen Unterbrechungen. Sie sind in der Regel für jeden geeignet, denn man kann seine Stärken ausbauen und Schwächen aufarbeiten. Aus diesen Stilrichtungen gehen auch viele moderne Yogaformen hervor, z.B. Yoga mit Tieren, mit Kindern, für Schwangere, für Senioren, etc.
Vinyasa Yoga
Eine Bewegung für jedes Ein- und Ausatmen. Dieser eher schnelle Stil bringt Atem und Bewegung in Einklang, was oft als Flow bezeichnet wird. Vinyasa ist Meditation in Bewegung, mit fliessenden Bewegungen im Takt des Atems. Einzelne Posen mit tiefer Dehnung werden häufig als Ruhepausen angewandt. Sanfte Vinyasa-Klassen können sich auch für Anfänger eignen, besonders wenn dir andere ruhige Stile wie Yin oder Hatha zu langsam sind.
Vinyasa war einer der ersten modernen Yoga-Stile des 20. Jahrhunderts, entwickelt vom indischen Guru Krishnamacharya. Anders als im Power-Yoga gibt es viele traditionelle Haltungen und meditative Pausen. Vinyasa-Klassen können sehr unterschiedlich gestaltet werden und sind daher stark abhängig von der Ausrichtung des Lehrers.
Hatha Yoga
Ruhige Sequenzen, die jeder Pose mehrere Atemzüge zugestehen und damit sehr gut für Anfänger geeignet sind. Im Hatha wird auf die korrekte Körperhaltung geachtet, um den damit einhergehenden Atemübungen (Pranayama) maximale Wirkung zu geben. Das wirkt sich beruhigend auf Kopf und Körper aus, kann aber auch eine Herausforderung für Ungeduldige sein.
Ziel: Innere Ruhe
Bei diesen Formen steht der meditative Aspekt im Vordergrund. Sie sind daher langsam und eher passiv. Diese Stile eignen sich für Anfänger und Fortgeschrittene, die nach Ruhe für Kopf und Körper suchen. Für mich sind sie am Freitagabend perfekt, denn ich kann die Arbeit der Woche zurücklassen und mit freiem Kopf in das Wochenende starten. Während Zeiten emotionaler Unruhe bringen sie mir Klarheit und Fokus, sodass ich mich wieder auf meine Aufgaben und den Moment konzentrieren kann.
Yin Yoga
Langes Verharren in einer Pose, tiefe Dehnung und innere Ruhe sind die Markenzeichen von Yin. Da man drei bis zehn Minuten in der gleichen Pose verweilt und dabei meist sitzt oder liegt wird der Stil auch als passiv beschrieben, obwohl ein so langes Verharren in manchen Posen durchaus anspruchsvoll sein kann. Wer Yin regelmässig durchführt, wird schnell eine starke Verbesserung der Flexibilität feststellen, da Muskeln, tiefes Gewebe und Faszien von der Dehnung erfasst werden. Das Tempo ist sehr gemütlich, weshalb Anfänger Zeit für Fragen und Anpassungen haben. Wer nicht sehr flexibel ist, kann sich vom Lehrer Tipps holen, um die Haltungen angenehmer zu machen.
Yin wurde in den 70er Jahren von der Kampfsportlerin Paulie Zink als Ausgleich für intensives Training erfunden und wird bis heute von Trainern als ideale Ergänzung nach dem Sport empfohlen. Es wurde dann von Yogis entdeckt, die den tiefen Fokus zwischen Körper, Geist und Atem in Dehnung schätzten und so eine sanfte Meditation erfahren konnten.
Restorative Yoga
Meditation in passiven Posen, gestützt durch Kissen und Polster. Wer eine Pause vom ewigen Gedankenkarussell sucht, mit seinem Alltag überfordert ist oder einfach nur eine ruhige Stunde haben will, ist hier richtig aufgehoben. Restorative Yoga ist wahrscheinlich der langsamste Stil, denn häufig gibt es in einer Stunde nur zwischen fünf und acht Posen. Anders als im Yin-Yoga wird hier neben Kraft auch auf Dehnung verzichtet, stattdessen werden die Posen durch ausreichend Hilfsmittel unterstützt, um den Körper völlig loslassen zu können.
Durch die Ausrichtung des Körpers, gedimmtes Licht, Decken, und manchmal auch Rezitation von spirituellen Texten wird der Komfort für Kopf und Körper maximiert, während man sanft in einen meditativen Zustand entgleitet. Wie Yin Yoga ein Stil der frühen 70er Jahre, entwickelt von der Physiotherapeutin Judith Hanson, die ihn speziell für Menschen mit Verletzungen verwendete.
Yoga Nidra
Der yogische Schlaf, ausgeführt im Liegen. Diese Form der Tiefenentspannung ist eine geführte Meditation in Rückenlage (Savasana/ Totenstellung), der in der Regel eine kurze intensive Sequenz vorausgeht, z.B. Sonnengruss o.ä. Eignet sich besonders zum Energie-Tanken in der Mittagspause und kann auch von Anfängern besucht werden. Mehr zu Yoga Nidra habe ich in diesem Artikel über Schlaf beschrieben.
Ziel: Spiritualität
Alle Formen des Yoga können uns Spiritualität näherbringen, aber einige sind in ihren Abläufen vollkommen darauf ausgerichtet. Obwohl solche Stile körperlich intensiv sein können, sind sie für Fitness-Suchende eher weniger geeignet. Wer jedoch nach einer neuen Erfahrung mit seiner Energie sucht, kann seinen Körper und Geist hier bereichern.
Kundalini Yoga
Ein neuer Anstrich für alte Yoga-Traditionen mit anspruchsvollen, ruhigen Bewegungsabläufen und tiefer Meditation. Yogi Bhajan entwickelte 1968 die komplexen Ideen hinter Kundalini. Er entwickelte ein Konzept um die Energie im Körper zu leiten und kontrollieren, wodurch seine Schüler vollkommene Kontrolle über Kopf und Körper erlangen sollten, unabhängig von ihren Vorkenntnissen, Alter oder Sportlichkeit. Kundalini wird meist in weisser Kleidung ausgeführt und kann grundsätzlich auch von Anfängern besucht werden, wobei die Intensität der Haltungen eine grosse Herausforderung darstellen können.