Serie Atemtechniken
Wärme und Energie durch Feueratmung
Kapalabathi bringt den Körper auf Hochtouren
Die Feueratmung ist ein Muss für alle winterlichen Frühaufsteher, denn sie wärmt und aktiviert den Körper in nur wenigen Minuten. Ich habe sie im Studio oft beim Morgenyoga durchgeführt und war schon immer fasziniert von der Effizienz dieser Methode. Ein paar Minuten Feueratmen um meinen Metabolismus auf Trab zu bringen? Ich bin dabei! Da wird mir so schnell warm, dass ich glatt vergesse wie kalt und dunkel es draussen ist. Und wenn ich am Nachmittag allein im Büro sitze, hat mir die Feueratmung auch schonmal beim Besiegen der ein oder anderen Excel-Tabelle geholfen. Gerade noch mit glasigem Blick auf den Bildschirm geschaut, bin ich auf einmal hellwach und voll konzentriert.
Wer diese spannende Technik ausprobieren will, muss allerdings auch aufpassen: die Feueratmung ist eine intensive Übung für die Lunge, daher ist sie tabu bei Atemproblemen (Erkältungen, Asthma), bei hohem Blutdruck und Schwangerschaft. Wenn dir schwindlig wird, brich die Übung ab und probiere es nochmal nach einigen Sonnengrüssen, wenn du dich warm-geatmet hast.
Was bringt’s?
Feueratmung ist wie ein Eisbad ohne frieren: es aktiviert alle Energie im Körper, macht den Kopf frei und setzt aufgrund der intensiven Muskelbeanspruchung im Oberkörper sehr schnell viel Wärme frei. Wer oft friert oder seine Müdigkeit nicht abschütteln kann, sollte es unbedingt mal probieren.
Im traditionellen Yoga ist Kapalabathi ein reinigender Atem, daher gehört er zu den Shatkarma oder Shatkriya genannten Reinigungen [1]. Der Name bedeutet „leuchtender Schädel“, davon inspiriert kommt der deutsche Name Feueratmung. Die reinigende Wirkung bezieht sich auf die Gedankenwelt: man fokussiert sich stark auf die ruckhafte Ausatmung und atmet den Geist frei von den Problemen der Gegenwart.
Bei der Feueratmung wird Kohlendioxid aus dem Körper entfernt, daher sinkt das Bedürfnis schnell zu atmen. Damit ist es eine ideale Vorbereitung für Yoga und Meditation, wo man bedächtig und langsam atmen möchte. Nach nur wenigen Minuten intensiver Atemübung fühlt man sich freier und empfindet auch lange Atempausen als einfacher.
So geht’s
Feueratmung wird immer mit aufrechtem Oberkörper durchgeführt, eine bequeme Sitzposition ist empfehlenswert. Setz dich gerade hin und roll die Schultern zurück für eine gerade Haltung. Bereite deine Lungen zuerst durch tiefe Atemzüge vor. Dafür drei Mal durch die Nase so tief einatmen wie möglich (Bauch und Brust sollten sich vorwölben) und dann alle Luft durch den Mund wieder ausatmen.
Nun kommt die schnelle Feueratmung, wobei ausschliesslich durch die Nase geatmet wird. Konzentrier dich auf eine stossartige, schnelle Ausatmung und lass die Einatmung von deinem Körper auslösen, ohne sie zu forcieren. Anders als sonst liegt dein Fokus auf der aktiven Ausatmung, während die Einatmung ein passiver Vorgang ist.
Führe die Feueratmung in drei Runden durch, wobei die Atemgeschwindigkeit in den ersten zwei Runden langsam gesteigert werden sollte und in der dritten gleichbleibt. Wenn du mehr Erfahrung hast, kannst du die gleiche Geschwindigkeit in jeder Runde beibehalten.
Nimm einen Atemzug, der die Lungen zu etwa 2/3 füllt. Atme anschliessend stossartig für etwa 40 bis 100 Atemzüge (etwa 1 bis 3 Minuten), je nachdem wie gut du dich dabei fühlst. Beim ersten Mal kannst du auch mit 10 Atemzügen anfangen und dann jede Runde ein bisschen länger gestalten. Am Ende der Runde atmest du einmal lang aus und atmest anschliessend für eine Minute normal weiter, bevor du wieder von vorn anfängst.
Wenn das Einatmen nicht passiv vom Körper ausgeführt wird, kann man bei dieser Übung auch hyperventilieren. Der Fehler liegt hier in der umgekehrten Ausrichtung des Bauches. Wenn das Ausatmen stossartig ausgeführt wird, sollte sich der Bauch nach aussen wölben. Kommt das Einatmen danach kurz und passiv, zieht sich der Bauch nach innen. Diese Bewegung ist umgekehrt zur normalen Atmung, wenn der Bauch sich beim Einatmen wölbt. Um dem Hyperventilieren vorzubeugen, kann man die Hände auf den Bauch legen und die Bewegung überprüfen. Wenn es immer noch nicht klappt, kann man sich die Bewegung in einem Video anschauen. Das hilft auch, um den Rhythmus besser nachzuvollziehen [zum Beispiel auf YouTube, 2].
Wer sich beim schnellen Atmen einfach unwohl fühlt, sollte aufhören und einige Minuten normal weiteratmen. Wenn man sie einige Mal angewendet hat, wird die Feueratmung immer einfacher und kann ihre volle Wirkung entfalten.
So geht’s für Fortgeschrittene
Wenn du ausreichend Übung mit Feueratmung hast, kannst du dir beim Atmen ein Nasenloch zuhalten und so Kapalabathi mit Nadi Shodhana (Wechselatmung) kombinieren. Dafür hältst du ein Nasenloch zu und atmest Kapalabathi, atmest am Ende der Runde vollständig aus und wechselst zum anderen Nasenloch für eine weitere Runde.
Quellen und Verweise
[1] Swami Svaratmarama: Hatha Yoga Pradipika, Phänomen-Verlag, 2011