Challenge
Balance und Inspiration durch Wechselatmung
Abwechslung bringt Balance
Im Alltag geraten wir schnell mal aus der Ruhe. Nicht nur lassen Schreckensnachrichtigen in der Zeitung, unfaire Gespräche und unverschämte Emails den Puls in die Höhe schiessen, auch das ganz normale Leben mit Partner, Familie und Freunden kann uns unruhig machen und den Geist Tag und Nacht beschäftigen. Dann fühlt es sich schwierig bis unmöglich an, Kreativität und Inspiration für neue Projekte zu finden, oder mit Gelassenheit an schwierige Aufgaben zu treten. Ich träume dann oft von einer Auszeit, doch sind ausgedehnte Spaziergänge, Fahrradtouren und die Couch in stressigen Zeiten ein unwahrscheinlicher Luxus. Für solche Fälle gibt es die Wechselatmung, eine kleine Auszeit von wenigen Minuten, die den Puls herunterfährt und Platz im Kopf schafft.
Bei der Wechselatmung wird erst durch ein Nasenloch eingeatmet, während das andere verschlossen wird. Anschliessend wird durch das andere Nasenloch aus- und wieder eingeatmet. Dieser wiederholte Wechsel zwischen rechtem und linkem Nasenloch bringt deine Konzentration sofort zurück in den Moment und kann jederzeit durchgeführt werden. Übt man sie regelmässig, kann sie in Momenten mit hohem Stresspotential ihre volle Wirkung entfalten und dich direkt gelassener machen [1]. Die historische und medizinische Bedeutung der Wechselatmung habe ich in einem anderen Artikel beschrieben, denn hier konzentrieren wir uns nur auf die Durchführung.
Übungsablauf
Setz dich bequem und aufrecht auf einen Stuhl oder im Schneidersitz auf den Boden. Nimm ein paar tiefe Atemzüge und versuche, deine Atmung dabei leicht zu verlangsamen. Spüre bewusst, wie sich deine Lungen füllen und höre dem Geräusch von ein- und ausatmen zu. Versuche nun, die Anspannung aus Gesicht, Nacken und Schultern gehen zu lassen.
Im Folgenden nutzen wir die rechte Hand für Rechtshänder, die linke für Linkshänder. Halte das linke Nasenloch mit dem Zeigefinger zu und atme tief durch das rechte ein. Verschliesse beide Nasenlöcher mit Daumen und Zeigefinger für etwa drei Sekunden, öffne dann das rechte Nasenloch und atme aus. Anschliessend atmest du wieder tief durch das rechte Nasenloch ein, verschliesst die Nase, zählst bis drei und atmest durch das linke Nasenloch aus. Wiederhole den Vorgang bis du dich besser fühlst, am besten für etwa 10 Minuten. Deine Atemzüge sollten etwa gleich lang bleiben. Zum Abschluss kannst du die Augen schliessen, ganz normal durch die Nase atmen und dir einen Moment der Ruhe gönnen.
Solltest du dich bei der Übung unwohl fühlen, zum Beispiel weil du in Atemnot kommst, atme normal durch die Nase und beginne mit einem Zeitraum der für dich passt, auch wenn es nur 2 oder 3 Minuten sind. Schwangere und Kinder sollen die Atempausen weglassen, können aber den Rest der Übung normal durchführen.
Wenn du dich besonders yogisch fühlen möchtest, kannst du auch die traditionell korrekte Handhaltung einnehmen. Strecke dafür alle Finger aus und klappe Zeige- und Mittelfinger ein. Für das Verschliessen des linken Nasenlochs nimmst du die Kuppe des Ringfingers, für das rechte den Daumen. Mit dieser Fingerhaltung findest du viele Video-Anleitungen, zum Beispiel die in Referenz [2].
Übung für Fortgeschrittene
Wechselatmung mit gleichlangen Atemzügen funktioniert immer und überall, die fortgeschrittene Variante solltest du allerdings nur versuchen, wenn du dabei entspannt bleiben kannst und nicht in Atemnot kommst. Sie ist eine gute Vorbereitung für Meditation und oder ruhige Yoga-Stile wie Yoga Nidra und Yin Yoga.
Bei der fortgeschrittenen Wechselatmung sind deine Atemzüge nicht gleich lang. Idealerweise hältst du ein Verhältnis von 4 : 16 : 8 ein, das heisst du atmest 4 Sekunden lang durch ein Nasenloch ein, verschliesst beide Nasenlöcher, hältst 16 Sekunden den Atem an und atmest 8 Sekunden lang durch das andere Nasenloch aus. Wenn du den Rhythmus beibehalten kannst, wirst du schnell einen besonders tiefen Fokus spüren und nach ca. 10 Minuten eine tiefe innere Ruhe erfahren.
Quellen und Verweise
[1] Brefczynski-Lewis, Julie A., et al. Neural correlates of attentional expertise in long-term meditation practitioners. Proceedings of the national Academy of Sciences 104.27 (2007): 11483-11488.