Serie Atemtechniken
Wunderbare Bauchatmung
Den Anfang macht der Körper
Der Atem ist deine Energiequelle und der direkte Weg um Kopf und Körper zu verbinden. Er kann dir Energie geben, oder deine Energie in Balance bringen. In Momenten von Stress und Chaos kann uns der Atem von den negativen Eindrücken unserer Umgebung loskoppeln und auf einen anderen Weg bringen. Dabei ist die Bauchatmung ein zentrales Werkzeug: anstatt schnell im Brustbereich zu atmen, wird der Atem ein Stockwerk tiefer verlegt und dabei verlangsamt, wodurch sich der Puls senkt und die Aufmerksamkeit zurück in den Moment gebracht wird.
Durch regelmässiges Durchführen der Bauchatmung können Stress und Anspannung in Kopf und Körper reduziert werden, was in Studien an geringeren Werten für das Stresshormon Cortisol deutlich wurde [1, 2]. Es genügen zehn Minuten bewusster, fokussierter Bauchatmung und du kannst deinen Körper vom Kampf- in den Sofamodus bringen.
Der grösste Vorteil dieser Atemtechnik ist ihre Einfachheit, weshalb man sie zum Üben auch beim Warten auf den Bus, am Bürotisch oder auf der heimischen Couch durchführen kann. Durch wiederholtes Durchführen über den Tag kann man ein konstant niedrigeres Stresslevel erschaffen und so seinen Geist im Alltag entlasten [3].
Was unterscheidet flache von tiefer Atmung?
Halte kurz inne und beobachte deine normale Atmung. Welcher Teil deines Oberkörpers hebt und senkt sich? Die meisten Erwachsenen neigen eher zur Brustatmung, d.h. nur der Brustbereich bewegt sich. Die an die Rippen angebundene Muskulatur wird aktiviert, der Brustraum erweitert sich und die Rippen drehen sich leicht nach aussen. Dabei entsteht ein Unterdruck, weshalb die Lunge gedehnt und mit Luft aufgefüllt wird [4]. Die Lunge verhält sich dabei elastisch wie ein Luftballon, der zuerst aufgepumpt wird und beim Ausatmen zusammenschrumpft, während die Luft herausgepresst wird.
Im Kontrast dazu wird bei der Bauchatmung das Zwerchfell in Anspruch genommen. Es sitzt wie eine Kuppel unter den Lungenflügeln, in etwa da wo die Rippen aufhören. Auch die Bauchatmung erzeugt Unterdruck um die Lunge auszudehnen und mit Luft zu füllen, allerdings durch die Aktivierung des Zwerchfells, welches sich zusammenzieht und nach unten drückt. Dieser Vorgang kann durch Anspannen der Bauchmuskeln unterstützt werden, was insgesamt zu einer sichtbaren Aufblähung des Bauchs beim Einatmen und einem Zusammenziehen beim Ausatmen sorgt.
Atem im Energiesparmodus
Da bei der Bauchatmung weniger Muskeln benötigt werden, ist sie für den Körper ein energiesparsamer Vorgang. Er schaltet in Ruhestellung (Schlaf, Sitzen) daher oft automatisch darauf um. Dagegen kommt die Brustatmung eher bei Anspannung ins Spiel, wobei sie (je nach Anspruch) von weiteren Muskelgruppen des Oberkörpers unterstützt werden kann.
Auch Sportler trainieren das tiefe Atmen bewusst, denn es ist für ihren Körper die effizienteste Art um mehr Sauerstoff ins System zu bringen. Und in Yogaklassen beginnen viele Lehrer mit einigen Minuten bewusster Bauchatmung, bevor sie die körperlichen Übungen beginnen, um ihre Schüler von Beginn an auf die tiefe Atmung einzustellen.
Was kann die Bauchatmung, was andere nicht können?
Ich finde Bauchatmung wunderbar als Abschluss meines Tages oder zwischendurch, wenn ich meine Gedanken nicht sortieren kann, weil ich mich innerlich über irgendetwas aufrege. Nach wenigen Minuten schon verlangsamt sich mein Herzschlag und die Aufmerksamkeit rückt den Moment ins Zentrum, anstatt die Geschehnisse der Vergangenheit im Kopf durchzuspielen.
Diese Erfahrung konnte mehrfach auch wissenschaftlich belegt werden. Studien konnten zeigen, wie durch Bauchatmung die Produktion des Stresshormons Cortisol reduziert wurde [1, 2, 5, 6]. Zum Beispiel wurden in einer oft zitierten Studie zwei Gruppen gebildet, eine davon führte keinerlei Atemübungen durch, die andere übte zwei Monate lang wöchentlich mehrmals die Bauchatmung. Diese Gruppe konnte nicht nur ein reduziertes Stresslevel (Cortisol) aufweisen, sondern auch eine verbesserte Aufmerksamkeit und Ausgeglichenheit [1]. Versuche dieser Art wurden auch an speziellen Gruppen durchgeführt, z.B. Studenten [5] und Sportlern [6], und kamen zu dem gleichen Ergebnis.
Das Fazit bleibt: Durch Bauchatmung senkt sich der Puls und das Stresslevel, der Körper verbraucht weniger Sauerstoff, der Kopf wird klar und die Aufmerksamkeit fokussierter.
Hilf deinem Atem
Damit möglichst viel Sauerstoff in den Körper gepumpt werden kann, muss Platz darin geschafft werden. Menschen in Stress oder Angst neigen dazu, sich nach vorne zu krümmen. Dabei entwickeln sich Verspannungen, die das Gefühl der Enge verstärken. Sport und Yoga können dem entgegenwirken, denn Bewegung und Dehnung lösen die Faszien und Muskeln im Brustkorb, wodurch sich die Lungen voll aufblähen und Atemzüge tiefer werden können [4].
Wenn du keine Zeit für ein regelmässiges Sport- oder Yogaprogramm hast, hilft allerdings auch schon ein einfaches 3-Punkte Programm: 1. Fenster öffnen, 2. zwei Minuten am Schreibtisch dehnen, 3. fünf bis zehn Minuten langsam durch die Nase in den Bauch atmen. Dabei kannst du deine Hände auf den Bauch legen, die Augen schliessen und dich ganz auf die Atmung konzentrieren. Wenn du ein paar Minuten mehr investieren willst, kannst du auch dieser Übungsanleitung folgen.
Quellen und Verweise
[4] Lexikon im Spektrum der Wissenschaft: Atemmechanik