10 Fehler von Anfängern und Fortgeschrittenen
1. Hände richtig aufsetzen
Die Handhaltung ist ein Problem, das selbst erfahrene Yogis noch beschäftigt. Wer zum Beispiel im Herabschauenden Hund nur Handgelenk und Fingerspitzen belastet, leidet schnell unter Schmerzen im Gelenk. Das Gewicht sollte jedoch immer auf die ganze Handfläche und die gesamten Finger verteilt werden. Achte darauf, dass du die Matte an der ganzen Hand spüren kannst.
2. Knie durchdrücken
Professionelle Ballerinas und Turner können diesen Punkt überspringen, alle anderen sollten im Stand ihre Knie nie komplett durchdrücken, sondern stets etwas lockerlassen. Wer sich selbst nicht als sehr flexibel beschreibt, sollte beim nach vorn beugen sogar stark lockerlassen, also die Knie leicht gebeugt halten. Das schont das Gelenk und die Kniesehnen, die sonst schnell Schmerzen auf der Rückseite der Beine verursachen.
3. Aufwärmen
Dieser Punkt ist besonders wichtig für Heimyogis. Wer seine eigenen Yogasequenzen erstellt oder Yoga mit YouTube übt, neigt oft zu kurzen Übungen die schnell zur Sache kommen, also Dehnungen und Drehungen direkt zu Beginn einbinden. Ohne Aufwärmen führt das allerdings oft zu Schmerzen durch überdehnte Sehnen und Muskeln. Am Anfang der Sequenzen sollten daher ein paar Minuten intensiver Übungen oder mehrere Sonnengrüsse stehen, bis der Körper komplett warm ist.
4. Runder/ durchgedrückter Rücken
Die Rückenhaltung ist gleichzeitig das meist verbreitete und am wenigsten beachtete Problem im Yoga. Je nach Anatomie neigen einige Menschen eher zum hohlen oder runden Rücken, da lohnt sich ein Blick in den Spiegel bei entspannter aufrechter Haltung.
Wer ein leichtes Hohlkreuz entdeckt, sollte besonders in aufrechten Posen bewusst die Bauchmuskeln anspannen, um ein Durchdrücken (und spätere Rückenschmerzen) zu vermeiden. Idealerweise baut man die Spannung vom Beckenboden über den unteren Rücken bis zu den Bauchmuskeln auf, was sich zum Beispiel in den Krieger-Posen gut üben lässt.
Runde Rücken erkennt man an den nach vorne gebogenen Schultern in entspannter Haltung. Hier lohnt sich Yoga im Studio, denn man kann den oder die Lehrer:in vor der Stunde darauf ansprechen und um Korrekturen bitten. Der runde Rücken ist ohne Spiegel schwer zu spüren und die Korrektur ist ein langfristiges Projekt. Zur Unterstützung kann man die Muskulatur zwischen Brustbereich und Schulter massieren und dehnen und stets darauf achten, die Schultern zurückzudrehen.
5. Rutschen
Die Sportindustrie hat dieses Problem schnell für sich erkannt und verkauft nun extra-rutschfeste Matten, als wären sie die einzige Lösung. Wahr ist jedoch, dass viele Asiaten gar keine Yogamatten besitzen und auf jedem Boden ihre Übungen durchführen können. Der Trick ist also nicht die Matte, sondern der Körper.
Auch wenn fliessende Yogabewegungen oft locker und leicht aussehen, hält man doch immer ein gewisses Mass an Körperspannung, die in jeder Pose das Rutschen verhindert. Paradebeispiel hierfür ist der Herabschauende Hund, bei dem jedem Anfänger die Hände wegrutschen. Hierbei sollte die gesamte Körperrückseite aktiv sein, das heisst die Muskeln auf der Rückseite der Beine bis hoch zu den Schultern halten den Körper in Form. Wer rutscht, entspannt zu viel!
6. Schmerz erkennen
Beim Yoga begegnen dir zwei Arten von Schmerz: das angenehme Gefühl, bei einer Dehnung genau den richtigen Muskel zu erwischen und endlich entspannen zu können und das furchtbare Gefühl, dass irgendwas im Körper gerade kaputtgeht. Ersteres kann man genüsslich ausdehnen, letzteres sollte sofort abgebrochen werden. Das klingt einfach, aber viele von uns sind darauf konditioniert, Schmerzen zu ignorieren, weil sie auf der anderen Seite eine Belohnung erwarten. Man kämpft sich beim Wandern den Berg hoch und wird mit Aussicht belohnt, man macht Überstunden und kann das Projekt erfolgreich abschliessen. Beim Yoga gibt es leider keine Belohnung, denn bei dieser gemächlichen Bewegungsform sind Schmerzen tatsächlich ein Warnsignal, das durch Ignoranz nur lauter wird.
7. Schmerz vermeiden
Wer lernt, seine Schmerzen zu erkennen, muss sie im nächsten Schritt vermeiden. Hier leiden Anfänger mehr als Fortgeschrittene, denn sie kennen zu den vorgegebenen Übungen keine Alternative. Zum Glück gibt es dafür einfache Faustregeln: wenn eine Pose dir Schmerzen bereitet und du nicht weisst, wie du sie anpassen kannst, geh zurück in die Pose davor, in das Kind (Knie auf den Boden und darüberlegen) oder den Herabschauenden Hund.
Im Studio kann man nach der Stunde den oder die Lehrer:in darauf ansprechen und Tipps geben lassen. Fortgeschrittene können sich auf ihre Erfahrung berufen und die Pose anpassen, zum Beispiel eine vereinfachte Form wählen und ihre Haltung von unten nach oben überprüfen, um mögliche Fehlhaltungen zu erkennen. Auch hier hilft im Studio gern der oder die Lehrer:in.
8. Sportlicher Ernst
Ich hatte mal einen Meditationslehrer, der am Anfang jeder Meditation 30 Minuten lang Lächeln mit uns geübt hat. 30 Minuten! Anders als Bauch und Beine, trainieren wir die Muskulatur im Gesicht viel zu wenig. Dass man stundenlang gehen aber nur ein paar Minuten lächeln kann, ist ein trauriges Zeugnis für unseren Lebensstil und eine Aufforderung zu mehr Freude im Alltag.
Yoga ist in diesem Zusammenhang eine hervorragende Übung, denn dabei können wir entspannen und uns getrost ein Lächeln schenken. Die Posen mögen nicht so gut gelingen wie sonst, der Körper sich anfühlen wie ein verrosteter Roboter und die Aufmerksamkeit von Haustieren und Mitbewohnern gestört werden – trotzdem steht man auf der Matte und hat sich die Zeit genommen, kann den Ernst des Lebens mal kurz hinter sich lassen. Im Yoga lernt man schliesslich, achtsam, geduldig und liebevoll mit sich und der Umwelt umzugehen – auch wenn mal nicht alles ideal verläuft.
9. Akrobatische Ziele setzen
Die online Yogawelt wurde in den letzten Jahren von Menschen mit unglaublichen Fähigkeiten gekapert. Man sieht Yogis, die scheinbar keine Knochen haben und sich in alle nur denkbaren Posen verdrehen können oder auf einem Arm balancierend einen Schneidersitz halten. Das sieht auf Instagram und YouTube cool aus, dient aber keinem tieferen Zweck und wird in der Regel von sehr jungen Menschen ins Internet getragen.
Was auf den Bildern nicht zu sehen ist, ist die langfristige Geschichte dieser Menschen. Viele sind (semi-)professionelle Tänzer, Turner, Akrobaten oder ähnliches und haben ihre Körper über viele Jahre konditioniert. Auch sieht man hier nicht den Moment, wo es zu ernsthaften Verletzungen kommt, weshalb man solche Posen fast nie von Menschen jenseits der 35 sieht. Wer sich akrobatische Ziele setzt, sollte sich des Preises bewusst sein. Hinzu kommt, dass sie keinen Mehrwert produzieren (ausser den Followern auf Instagram). Um sich im Körper wohl zu fühlen, den Kopf frei zu bekommen und die Seele zu streicheln, braucht man selten mehr als die grundlegenden Posen, die man in jedem Anfängerkurs lernt.
10. Vergleiche
Es ist nicht grundsätzlich falsch, sich mit anderen zu vergleichen. Wir können uns so einordnen und die Welt begreifen, denn durch Vergleiche erschaffen wir Strukturen und Ordnung. Gleichzeitig neigt man dazu, Vergleiche zu vereinfachen, was im Yoga der Ursprung der meisten Verletzungen ist. Die Yogalehrerin bekommt ihre Fersen im Herabschauenden Hund auf den Boden? Dann muss das doch bei mir auch klappen, ich drücke einfach ein bisschen mehr nach unten… und… autsch… schon laufe ich eine Woche mit Sehnenschmerzen herum. Die Anatomie und Sportgeschichte meiner Yogalehrerin ist nämlich völlig anders als meine eigene, der Vergleich hinkt also gewaltig und bringt mir keinerlei Mehrwert. Das gilt im Yoga wie im Alltag.